Freitag, 5. Januar 2007

Oktober 2005

Damaskus, Oktober 2005


Ramadan Kareem aus Damaskus!


Nun ist es also amtlich: auch hier ist der Sommer zuende, und zwar wirklich! Letzte Woche der erste Regen nach 5 ½ Monaten, die Nachttemperaturen stürzten auf 3°C mit eisigem Wind, und erst langsam gehen die Tagestemperaturen zumindest wieder auf erträgliche 25°C hoch – also auch kein Zuckerschlecken für uns! Und was es sonst noch so zu erzählen gibt, hier der aktuelle Newsletter:

Politik

Wie ja so manch einer von Euch über die Medien mitbekommen haben wird, gibt es gegenwärtig ein paar interessante aussenpolitische Ereignisse, die Syrien in den Mittelpunkt verschiedener Aktionen stellen: der Mehlis-Report über die Rolle Syriens in der Ermordung des libanesischen Ex-Premiers kam letzten Freitag heraus und hat einiges an Unruhe erzeugt, wenn auch wir davon nicht unmittelbar betroffen sind – die Lage hier im Land ist ruhig. Nun werden die Untersuchungen nochmals bis zum 15. Dezember verlängert, mal sehen wie es dann weitergeht. Wir lassen uns jedenfalls den Spass an Land und Leuten nicht verderben!

Arbeit

Womit wir auch schon bei einem anderen Thema wären, das momentan auch nicht gerade erfreuliches für uns birgt: der Job. Drei Tage vor Beginn wurde uns unser Projekt „Tourismusstrategie für Palmyra“ aus politischen Gründen gestoppt. Genaue Hintergründe sind nur vage zu erahnen, es geht aber um Kompetenzgerangel und Einschnitte bei den persönlichen Bereicherungsmöglichkeiten einzelner Politiker, so dass dabei gerne das eigentliche Ziel, nämlich dieses Land und seine Wirtschaft vorwärts zu bringen, aus den Augen verloren wird.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Beratungsresistenz der Syrer – auf allen Ebenen – sich als unglaublich erweist: sie wollen und können keinerlei Unterstützung annehmen bei der Bewältigung ihrer Probleme. Dies beruht sowohl auf einem erschreckend niedrigen Ausbildungs- und Arbeitsniveau, einer über 30 Jahre eingetrichterten Planwirtschaftsmentalität als auch auf der kulturellen Engstirnigkeit in bezug auf äussere Einflüsse. Kurzum, wir laufen uns die Nase platt und sind etwas frustriert...


Omayyaden-Moschee bei Nacht


Nachdem sich in letzter Zeit auch einige firmeninterne Probleme und Mängel offenbart haben, die nicht gerade auf eine langfristige harmonische Arbeit hier hoffen lassen, ist bei uns die Entscheidung gereift, dass wir mit Beendigung unseres Vertrages im Mai wieder zurück nach Deutschland kommen werden – das heisst, wenn der erfüllt wird! ☺ (wir denken mittlerweile auch schon syrisch, erstmal schauen was morgen so kommt.....). Die Option, hier vielleicht länger zu bleiben, hatten wir uns ja immer offen gelassen, aber dafür fehlen hier einfach gegenwärtig die langfristigen Perspektiven – Ihr seht, wir lassen Euch mit der erhöhten Mehrwertsteuer nicht allein!

Ramadan

Aber es gibt natürlich auch Schönes zu berichten aus der „Wiege der Zivilisationen“! Gegenwärtig bekommen wir hier unseren ersten Ramadan mit, das ist die islamische Fastenzeit: vier Wochen lang tagsüber nicht rauchen, essen und trinken – und natürlich auch keine zwischenmenschlichen Körperertüchtigungen!

Auf
der einen Seite recht anstrengend, weil ab spätestens 14 Uhr nichts mehr mit den Syrern anzufangen ist, die in eine Art Lethargie verfallen und nur noch hungrig kucken. Und je näher es auf 17.15 Uhr und den Kanonenschlag zugeht, desto selbstmörderischer geht es auf den Strassen zu – da lassen wir uns sicherheitshalber immer erst danach blicken! Auf der anderen Seite aber auch sehr schön, weil die ganze Stadt zu Beginn der Dunkelheit komplett ausgestorben ist, wenn die Familien zusammensitzen und das Fasten mit einer gemeinsamen Mahlzeit brechen.

Dies ist dann auch die Zeit, wenn man sich selbstfahrend auf die Strassen von Damaskus wagen kann – ist ja kein anderer da! Und diese Ruhe über der 4-Millionen-Stadt zu erleben hat etwas erhebendes, besonders wenn es von dem angrenzenden Berg „Mount Quassioun“ geschieht, der über der Stadt thront...


Blick vom Mount Quassioun auf Damaskus


Und nachdem wir mit Birgit – einer ehemaligen Kollegin – noch eine weitere deutsche Unterstützung nach Syrien gebracht haben, sind wir nun zu dritt eifrig dabei, die kulinarischen Köstlichkeiten des Ramadans zu erkunden (natürlich erst abends). Besondere Mühe geben sich die Syrer bei den Desserts, so dass nur ja die eigentliche Fastenzeit auch gut kompensiert werden kann! Schokoladenkuchen mit Eis, in Sirup getauchte Pistazienkerne, speziell zubereiteter Milchbrei.... die Liste könnte ellenlang so weiter gehen... aber wir wollen ja niemandem unnötig den Mund wässrig machen!


Qashtaliye - ein Dessert zu Ramadan


Ausflüge


Nachdem die Arbeitswelt eher frustrierend ist und wir für unser Engagement hier ein Ende gesetzt haben, haben wir uns vorgenommen, die Zeit hier so gut wie möglich zu nutzen – was ja mit einem diplomierten Touristen in der Familie nicht allzu schwer fallen sollte! ;-)

Vor knapp zwei Wochen haben wir den ersten Ausflug über die Grenze in den Libanon gemacht: in das Beka’a-Tal zu den berühmten römischen Ruinen von A’anjar und Ba’albek, letztere die wohl größten im Mittleren Osten. Eine wunderschöne Landschaft, gerade mal zwei Fahrstunden weg von Damaskus, und sowohl die Taxiverhandlungen als auch die Grenzkontrollen liefen äusserst zivilisiert ab. Und auch wenn das ganze Ambiente nicht an die Schönheit von Palmyra hinkommt, so waren es doch sehr nachhaltige Eindrücke von Land und Kultur....


Ruinen von Ba’albek
(mit kleinem Mensch in türkis neben den Säulen!)


Ruinen von A’anjar


Jedenfalls hat uns die
Erfahrung ermuntert, in den drei Feiertagen am Ende des Ramadans nun endlich den kurzen Abstecher nach Beirut zu machen und uns das ehemalige „Paris des Ostens“ mal genauer anzuschauen! Es wird sicherlich ein Kulturschock werden im Vergleich zu Damaskus, aber ein bißchen was westliches tut zwischendurch ja auch mal gut. Wir werden dann entsprechend berichten, ist ja selbstverständlich!

Unser Urlaub in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman ist ja jetzt schon wieder ganz weit weg, aber es war einfach wunderschön – besonders Oman ist einfach ein Traum in vier Farben: blau für das Meer und den Himmel; grün für die Oasen; alle Nuancen von braun für das Land; und zwischendrin das strahlende weiß der Dörfer..... Ein paar Bilder zeigen wir aber trotzdem, so als Appetitanreger!


Fort Nizwa und Oase im Hinterland Omans


Dhow-Tour in den Fjorden von Musandam, Oman


Skyline von Dubai (Burj al Arab & Madinat Jumeirah Hotel)


Lampengeschäft im Souk, Dubai


Ansonsten werden wir uns auf den nahenden Winter vorbereiten, entgegen der landläufigen Meinung herrscht in Damaskus ein eher kontinentales Klima, mit Nachttemperaturen gut unter 0°C im Winter – und Schnee ist hier auch nicht unbekannt, zumindest in den umliegenden Bergen fällt er gut und reichlich!

Unser nächster Trip nach Deutschland steht erst wieder für Ende Januar an, d.h. die Weihnachstwünsche kommen diesmal von etwas weiter weg! Aber dafür ist ja noch ein bißchen Zeit, aber wir stimmen uns mit den mitgebrachten Spekulatius und Lebkuchen schon mal auf die stade Zeit ein... sind ja nur noch 8 Wochen..... ☺

Ganz liebe Grüße ins heimische Deutschland

اندرياس و ميخايلة

A & M

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